Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Abbau von Braunkohle im polnischen Tagebau Turów solange eingestellt werden muss, wie das Gericht eine Klage der tschechischen Regierung gegen Polen prüft [1]. Die Tschechische Republik reichte die Klage als Reaktion auf die Entscheidung Polens ein, dem Tagebaubetreiber PGE eine Lizenzverlängerung bis 2026 zu gewähren. Kritisiert wird eine nicht ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung, wie sie es das EU-Recht verlangt [2]. Am 28.04.21 hat jetzt sogar der polnische Klimaminister trotzdem die endgültige Lizenzverlängerung bis 2044 bestätigt [3].
Der polnische Tagebau liegt an der tschechischen und deutschen Grenze und beeinträchtigt durch das Abpumpen von Grundwasser die Trinkwasserversorgung Tschechiens und verursacht Bodenabsenkungen auf deutscher Seite. Die Stabilität der Häuser in Zittau wird durch Risse gefährdet. Außerdem verlieren sie an Wert.
In den vergangenen Wochen forderten fast 14.000 Bürger:innen aus Polen, Tschechien und Deutschland per Mail einen Kohleausstieg vor 2030 vom polnischen Klimaminister und vom Präsidenten des polnischen Tagebaubetreiber PGE.
Die Europäische Kommission hat bestätigt, dass die polnische Region Bogatynia keine EU-Mittel aus dem Just-Transition-Fund erhalten wird, wenn sie kein Ausstiegsdatum aus der Kohle nachweist [4]. Polen setzt darauf, der größte Nutznießer des 17,5 Milliarden Euro schweren EU-Fonds zu sein. PGEs Plan, die Lizenz für Turów bis 2044 zu verlängern, führt dazu, dass die Gemeinden in Bogatynia wohl leer ausgehen. Wie sehr PGE die Öffentlichkeit in allen Belangen des Strukturwandels täuscht, wird im verlinkten Factsheet unten in den Fußnoten erläutert: [5].
Zwei unabhängige Studien zeigen, wie das polnische Stromnetz auch ohne Turów funktionieren kann [6]. Eine davon zeigt, dass der Bau einer auf erneuerbaren Energien basierenden Alternative zum derzeitigen Gruben- und Kraftwerkskomplex in Turów über 14 Milliarden Euro günstiger wäre und mehr Arbeitsplätze schaffen würde. Durch den aktuellen Zertifikatspreis des Europäischen Emissionshandels ist die Braunkohle außerdem unrentabel geworden.
Das Gerichtsurteil ist ein Weckruf. Die EU muss Polen davon zu überzeugen, EU-Gesetze zu respektieren und aus der Kohle auszusteigen. Auch Deutschland kann der Klage beitreten, nur dann kann es auch vom Urteils des Gerichts profitieren. Dazu müsste der sächsische Ministerpräsident Kretschmer ein klares Signal nach Berlin senden. Bisher hat er sich dazu noch nicht öffentlich geäußert.
Photo: Turow_credit_Greenpeace_Ruben Neugebauer_1.jpg
Unsere Organisationen wirken gemeinsam dem Ausbau der Braunkohlemine Turów in Polen zum Wohle der lokalen Gemeinschaften, der Natur und des Klimas entgegen. Wir unterstützen bürgerschaftliche Aktivitäten der internationalen Gemeinschaft an der Schnittstelle zwischen der Tschechischen Republik, Deutschland und Polen. Wir bemühen uns, die von Braunkohle abhängige Bogatynia auf den Weg des energetischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels zu bringen.